Kaut man eine Weile auf dem Begriff herum, kommen einem vielfältige Definitionen und Widersprüche in den Sinn.
Fangen wir bei der Suche nach Synonymen an: Da bieten sich „Softwarewartung“ oder auch „-instandhaltung“ an, wie auch im ersten Blog-Eintrag verwendet.
Ein Blick in die Literatur bietet eine größere Auswahl an. ISO 9126 definiert die „Maintainability“ als Qualitätskriterium für Software und rät dabei explizit davon ab, das Wort mit „Wartbarkeit“ zu übersetzen, sondern schlägt statt dessen „Änderbarkeit“ vor. Als Grund dafür wird genannt, daß Software ja nur reaktiv und nicht proaktiv geändert wird, und damit nicht von eigentlicher Wartung die Rede sein kann. Dessen ungeachtet nennen die Herren Bommer, Spindler und Barr ihr ganzes Buch „Software-Wartung“ und schließen proaktive Änderungen bewußt in den Aufgabenkatalog ein. Dafür wiederum distanzieren sie sich von der Weiterentwicklung, weil für diese ein anderer Prozess nötig ist. Wikipedia wiederum verweist auf IEEE 610, das „standard glossary of software engineering terminology“, wo ziemlich allgemein von Veränderungen die Rede ist, aber nichts explizit ausgeschlossen wird.
Versuche ich mich selbst in der Definition, kommen eher unschickliche Formulierungen zum Tragen:
Software Maintenance ist
- ununterbrochen das aufzuräumen, was die Projektfuzzies versaut haben.
- Software über das Projektende hinaus am Leben zu halten.
- die Sünden auszubaden, die im Namen von „time to market“ begangen wurden.
- sich dauernd den Satz „Es muß doch wohl möglich sein…“ anhören zu müssen. (Alternativ. „Es kann doch nicht so schwer sein…“)
- vom Geschäftsführer gefragt zu werden, warum Konkurrenzunternehmen X mit der Hälfte der Softwareentwickler auskommt.
- immer Funktion gegen Qualität abwägen zu müssen.
Alles keine tauglichen Definitionen. Einerseits sind sie nicht umfassend, andererseits wirken sie emotional geprägt. Sind sie auch!
Denke ich an das Studium zurück, war in den Vorlesungen zum Thema „Software Engineering“ vor allem von Projekten die Rede, und daß das Ergebnis am Ende „in die Wartung übergeht“. In „Betrieb von Rechensystemen“ habe ich mehr über SNMP und Prozessorlast erfahren als über Software. Das dazwischen, also der Betrieb auf Softwareebene oder das, was nach dem Abschluß des Projekts passiert, das ist in meinen Augen Softwarewartung. Damit bin ich mit meiner Auffassung wahrscheinlich am nächsten an der Definition nach IEEE 610, und damit glücklich eine neutrale Formulierung gefunden zu haben, die niemanden beleidigt.
