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Software Maintenance - Alles rund um die Wartung, Instandhaltung, Produktpflege, Maintenance von Software


Fokussiertes Arbeiten

„Kannst Du mal schnell…“ ist der Beginn einer Frage, mit Glück als Bitte formuliert. Meist steckt dahinter keine böse Absicht, sondern ein Hilfegesuch, das viele von uns gerne erfüllen, weil wir „nett“ sind und sein wollen. Genau solche Ablenkungen sind es, die uns aus dem geistigen „Flow“ reißen, und die, wenn uns das mehrmals am Tag passiert, dafür sorgen, dass wir abends nichts von dem erreicht haben, was wir eigentlich machen wollten.

In der Theorie wollen wir uns auf unsere Ziele konzentrieren, damit wir sie erreichen, keine Ablenkung zulassen, work in progress limitieren, Sprints schützen, Overhead durch Taskswitch vermeiden. Das alles sind Maßnahmen, die uns helfen sollen, unsere Pläne einzuhalten. Halten wir uns daran, können wir abends zufrieden sein, weil wir etwas erreicht haben. Ablenkungen, neue, unvorhergesehene Aufgaben und Unterstützung für andere bringen uns von diesem Weg ab, sorgen für ein schlechtes Gewissen, weil wir unser Tagesziel nicht erreicht haben. Schade nur, dass genau diese Unterbrechungen im Arbeitsalltag üblich sind. Wir wollen es ja gar nicht anders: Jeder ist telefonisch erreichbar, Mails werden sofort gelesen, in vielen Büros wird eine Kultur der „offenen Tür“ gepflegt. Gerade in der Maintenance ist es zudem äußerst wichtg, dass wir reagieren, wenn Not am Mann ist.

In meiner persönlichen Erfahrung kann ich mir zwar vornehmen, mich jetzt auf meine eigentliche Arbeit zu konzentrieren, wenn ich die Ablenkung als weniger wichtig eingestuft habe. Aber trotzdem kommt es vor, dass genau diese unwichtige Aufgabe, die gerade in meiner Queue gelandet ist, mich nachhaltig beschäftigt, obwohl ich mir vorgenommen habe, mich nicht darum zu kümmern. Es nagt in meinem Hinterkopf. Ich kann mich noch so anstrengen, der Gedanke daran schwirrt immer wieder durch meinen Geist und verhindert die tatsächliche Konzentration.

Um dem entgegenzuwirken, gibt es viele Ansätze. Homeoffice, Telefon umleiten, Mails nur zweimal am Tag abrufen, Türen schließen sind Massnahmen, mit denen man Störungen vermeiden kann. Dabei muss man aber dafür sorgen, dass trotzdem ein Anlaufpunkt für „Probleme aller Art“ vorhanden ist. In meinem letzten Team haben wir versucht, diese Maßnahmen einzuführen, und haben als Ausgleich im rotierenden Verfahren einen Zuständigen definiert, der als Ansprechpartner für eingangs erwähnte Bitten dienen kann. Damit hat derjenige zwar wahrscheinlich keine Chance sein Tagesziel zu erreichen, all seine Teamkollegen jedoch schon. Solange es ein Team bleibt, das so arbeitet, kann diese Maßnahme positiv sein. Ich sehe dabei den Bedarf, bewußt für Gelegenheiten zur Kommunikation zu sorgen, um das Team nicht zu einer Horde von Einzelkämpfern verkommen zu lassen.

Ein anderer Ansatz ist, mich bewußt für die Ablenkung und gegen die Konzentration auf meine Aufgabe zu entscheiden, allein deshalb, weil meine Konzentration ja ohenhin abhanden gekommen ist, und wahrscheinlich weg bleibt, bis die unerwartete Aufgabe erledigt ist. Natürlich verzögert sich dadurch die eigentliche Aufgabe. Mich auf Gedeih und Verderb meiner Aufgabe zu widmen, aber trotzdem die ganze Zeit mit einem Viertel Hirn bei dem anderen Task zu sein, sorgt aber ebenfalls für Verzögerung. Dann kann ich auch gleich was dazwischenschieben, was nicht lange dauert, mir am Ende ein gutes Gefühl verschafft, und nach dem ich wieder ohne Ablenkung ans Werk gehen kann.

Grundsätzlich bin ich starker Verfechter des „single piece flow“. Eine Aufgabe wird am schnellsten erledigt, wenn man ohne Unterbrechung daran arbeitet. Ist aber die Realität anders als die Theorie, kann ich mich also nicht mehr auf meine Aufgabe konzentrieren, muss ich auf diese Veränderung reagieren, statt stur einem Prozess zu folgen. So steht es zumindest im agilen Manifest, wendet man es auch auf diese Ebene an. Ausschlaggebend für die Entscheidung ist die persönliche Einschätzung, die Antwort auf die Frage: Kann ich an meiner Aufgabe sinnvoll weiterarbeiten oder bleibe ich durch die Störung nachhaltig abgelenkt?

Meine Erfahrung zeigt auch, dass es unheimlich hilfreich ist, das Problem der Ablenkung einfach nur bewußt zu machen. Die Störungen geschehen oft unbeabsichtigt. Als wir in meinem ehemaligen Team die Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen eingeführt haben, wurde mit der Zeit auch der definierte Ansprechpartner nicht mehr so oft behelligt. Nach und nach ist ins Bewußtsein der „Störer“ gedrungen, dass sie zwar duch ihre Bitte selbst weiterarbeiten können, das Team aber davon keinen Gewinn hat, weil dabei eine andere Arbeit liegenbleibt.

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Info:
Fokussiertes Arbeiten ist Beitrag Nr. 76
Autor:
Rupi am 23. November 2012 um 05:25
Category:
Agil,Kanban
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